Elexacaftor

Therapie der Mukoviszidose – neue Medikamente geben Hoffnung

In Deutschland sind aktuell ca. 8000 Menschen an Muko- viszidose erkrankt. Die monogenetische Erkrankung wur- de erstmals 1936 beschrieben [1]. Das Gen, das den bei der Erkrankung funktionell gestörten Ionenkanal CFTR kodiert, wurde 1989 erstmals beschrieben [2]. Seit der Entdeckung sind mittlerweile ca. 2000 unterschiedliche Mutationen beschrieben worden.Auslöser der Mukoviszidose (zystische Fibrose, CF) sind krankheitsverursachende Genmutationen im CFTR-Gen, das für den Ionenkanal CFTR kodiert. Die Letalität und Mor- bidität von CF-Patienten werden in erster Linie durch die pulmonale Manifestation bestimmt. Pathophysiologisch kommt es durch eine Verminderung des Ausstroms an Chloridionen zur Volumenreduktion der Flüssigkeitsschicht bzw. Solschicht der Bronchialschleimhaut (Airway Surface Liquid, ASL). Dies resultiert in einer verminderten mukozi- liären Clearance [3]. Schwerwiegende Folgen sind Mukosa- obstruktion, Inflammation und chronische bakterielle Infek- tionen des bronchopulmonalen Systems. Die chronische Inflammation geht mit der Freisetzung von Oxidanzien und Proteasen, wie z. B. Elastase und Matrix-Metalloproteinasen, einher. Diese führen ihrerseits in hoher Konzentration zu Lungenschäden [4, 5]. Die Elastase ist außerdem mitverant- wortlich für eine Zunahme der Atemwegsobstruktion. Die Zersetzung der angehäuften neutrophilen Granulozyten lässt extrazelluläre DNA (Desoxyribonukleinsäure) und Ak- tin in den Atemwegen akkumulieren, was zur hohen Visko- sität des Schleims beiträgt [3]. Dies führt zu einer bakteriel- len Besiedlung der Atemwege. Der ubiquitär vorkommende Nasskeim-Pseudomonas-aeruginosa ist in diesem Zusam- menhang der wichtigste Infektionserreger bei Patienten mit CF [6].

Durch bakterielle Besiedlungen werden erneut inflammatorische Prozesse in Gang gesetzt, wodurch ein Circulus vitiosus ausgelöst wird, dessen Folge strukturelle Lungenschädigungen sind.Mukoviszidose ist eine Multiorganerkrankung. Auch wenn die Hauptmanifestation und Haupttodesursache der Mukoviszidose die Lunge ist, verursacht der Gendefekt Veränderungen an vielen anderen Organen (▶ Tab. 1), diemit typischen Komplikationen einhergehen. Die Organma-nifestationen erklären sich zum großen Teil aus der Dehy- dratation an Epitheloberflächen des Darms, der Pankreas- gänge, der Gallenwege und der Bronchialschleimhaut. Auf der anderen Seite kommt es durch den erhöhten Umsatz an fehlerhaftem CFTR auf zellulärer Ebene zu Inflamma- tionsprozessen, die sich auslösend oder verstärkend auf die Organkomplikationen auswirken können.Typische Manifestationen der CF sind die exokrine Pankreas- insuffizienz, die bei vielen Patienten schon im frühen Kin- desalter zu einer schweren Störung des Wachstums und der Gewichtsentwicklung führen kann, außerdem die intes- tinale Organbeteiligung, die zum Mekoniumileus und zum distalen intestinalen Obstruktionssyndrom führen kann. Bei ca. 10 % der Patienten kommt es im Laufe der ersten 2 Le- bensjahrzehnte zur biliären Leberzirrhose mit portaler Hy- pertension und den daraus resultierenden Problemen. Eine weitere wichtige hepatobiliäre Komplikation sind Gallenstei- ne. Viele Patienten sind von Problemen an den oberen Atemwegen betroffen, die sich in chronischer Rhinosinusitis und Nasenpolypen äußern können.

Die chronische Besied- lung vor allem der unteren Atemwege mit pathogenen Erre- gern führt neben der Zerstörung der Lungenarchitektur mit Bildung von Bronchiektasen auch zur Verstärkung der chro- nischen, generalisierten Inflammation. Durch Malabsorpti- on, chronische Inflammation und häufige Steroidtherapien leiden viele Patienten an einer Osteoporose, die zu sponta- nen Rippenfrakturen während Hustenattacken führen kann. Die chronische Inflammation führt bei vielen Patienten zur CF-Arthropathie mit Gelenkschmerzen und Arthritiden. Im Laufe des Lebens kann vor allem aufgrund einer zunehmen- den Zerstörung der Betazellen des Pankreas ein Diabetes mellitus mit Insulinmangel und verzögerter Insulinausschüt- tung sowie inflammationsbedingter Insulinresistenz entste- hen.Die medikamentöse Standardtherapie der oberen und unteren Atemwege umfasst Sekretolytika und Antiinfek- tiva, die zum Teil auch in inhalativer Form zugelassen sind. Die Pankreasinsuffizienz wird mit der Substitution von Lipase behandelt. Im Falle eines Diabetes mellitus er- folgt häufig eine Insulintherapie. Bei einer fortgeschritte- nen Lungenerkrankung mit Lungenversagen bleibt häufig die Lungentransplantation die einzige Option, ebenso wie bei einer dekompensierten Leberzirrhose die Leber- transplantation in der Regel die einzige Therapiemöglich- keit ist. Die nichtmedikamentösen Therapien zielen vor allem darauf ab, eine gute Sekretmobilisation und ein optimales Gewicht zu erreichen [7, 8].Mit der Entwicklung sogenannter Modulatortherapien ist erstmalig eine kausale Behandlungsmöglichkeit gege- ben. Mittlerweile sind mit dem Monopräparat Ivacaftor und den Kombinationspräparaten Ivacaftor/Lumacaftor sowie Tezacaftor/Ivacaftor 3 sogenannte CFTR-Modula- toren mit direkter Wirkung auf das defekte CFTR-Protein in Deutschland zugelassen. CFTR-Modulatoren wirken CFTR-Modulatoren sind oral bioverfügbar und werden als Tabletten zusammen mit einer fetthaltigen Mahlzeit ein- genommen.

Durch den mutationsspezifischen Wirkme- chanismus stehen sie einer begrenzten Zahl von Patien- ten zur Verfügung. Die Zulassung von Ivacaftor war zunächst auf die Mutation G551D beschränkt und wurde später auf einige Mutationen ausgeweitet, die mit einer Restfunktion einhergehen. Das Kombinationspräparat Lumacaftor/Ivacaftor ist nur für F508del-homozygote Patienten zugelassen. Kürzlich hat die Kombination aus Tezacaftor und Ivacaftor eine Zulassung erhalten. Diese gilt sowohl für F508del-homozygote Patienten als auch für solche, die auf einem Allel F508del und auf dem ande- ren Allel bestimmte Mutationen mit Restfunktion tragen. Somit steht mittlerweile einer größeren Patientenzahl eine Modulatortherapie zur Verfügung. Dennoch lassen insbesondere die beiden Kombinationspräparate noch Wünsche offen, was den Grad an Wiederherstellung („Restoring“) der CFTR-Funktion angeht. Eine Vielzahl der aktuellen klinischen Studien zielt deshalb darauf ab, potentere Modulatoren zur Zulassung zu bringen.Inzwischen wurde als erste hochwirksame Modulatorthe- rapie die 3-Fachkombination aus Tezacaftor, Ivacaftor und dem Modulator Elexacaftor in den USA für Patienten mit mindestens einer F508del-Mutation zugelassen. Zwei unterschiedliche, weltweit durchgeführte Studien stellen die Grundlage für die Zulassung des Medikaments dar [9– 11].In der ersten Studie (VX17-445-105) wurden 107 Patien- ten ab einem Alter von 12 Jahren untersucht, die homo- zygot für eine F508del-Mutation waren und entweder Tezacaftor, Ivacaftor und Elexacaftor oder nur Tezacaftor und Ivacaftor bekamen. Alle Studienteilnehmer hatten zuvor schon eine 2-Fachtherapie erhalten. Der prognose- relevante Lungenfunktionsparameter FEV1 zeigte eine hochsignifikante Verbesserung mit einer Zunahme von 10 % vom Soll (p < 0,0001) bereits nach 4 Wochen Thera- pie. Zusätzlich konnte ein starkes Ansprechen im Schweißtest mit einer Verminderung der Chlorid-Konzen- tration von –45,1 mmol/l (p < 0,0001) sowie eine deutli- che Verbesserung der Lebensqualität gezeigt werden (p1 < 0,0001) [9]. In der zweiten Studie (VX17-445-102) wurden Modula- tor-naive Patienten ab einem Alter von 12 Jahren mit ei- ner F508del-Mutation und einer zweiten sogenannten„minimal-function“-Mutation über 24 Wochen unter- sucht. Auch bei dieser Studie wurden Patienten vergli- chen, die entweder Tezacaftor, Ivacaftor und Elexacaftor oder nur Tezacaftor und Ivacaftor bekamen. Ebenfalls in dieser Studie konnte ein rasches Ansprechen in Bezug auf den Lungenfunktionswert FEV1 mit einer Zunahme nach 4 Wochen von 13,8 % vom Soll und nach 24 Wochen von 14,3 gezeigt werden (p < 0,001). Des Weiteren fiel auch bei dieser Studie nach 24 Wochen unter der Therapie mit Elexacaftor, Tezacaftor und Ivacaftor der Schweißtest signifikant (p < 0,001) ab mit –41,8 mmol/l. Nach 24 Wo- chen Therapie konnte ebenfalls eine signifikante Verbes- serung der Exazerbationsrate (p < 0,001), der Lebensqua- lität (p < 0,001) und des BMI (p < 0,001) gezeigt werden [10].Das Nebenwirkungsprofil war in den Studien sehr gut. Zu beachten sind aber in den ersten Wochen die vermehrte Sputumproduktion und die Kopfschmerzen [10], die wahrscheinlich aber eher auf eine positive Wirkung des Medikaments zurückzuführen sein dürften, weil nach 4 Wochen eher weniger Sputum bei den Patienten vor- handen ist und auch die Kopfschmerzen weniger werden. Aber es gibt auch Patienten, die Magen-Darm-Beschwer- den haben, dabei ist vor allem auf eine Obstruktion im terminalen Ileum zu achten (sogenannter DIOS = distales intestinales Obstruktionssyndrom).Mit dieser neuen Therapie wird sich die Landschaft der Mukoviszidose sicherlich verändern und die Lebenserwar- tung wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter ver- bessern. Schon jetzt gibt es in Deutschland deutlich mehr erwachsene Patienten mit Mukoviszidose als Kin- der. Es wird erwartet, dass in Kürze die 3-Fachkombina- tion aus Elexacaftor, Tezacaftor und Ivacaftor auch in Europa durch die EMA (European Medicines Agency) zugelassen wird. Dies lässt auf eine bessere Zukunft für Patienten mit Mukoviszidose hoffen. Frühzeitig einge- setzt, könnte diese 3-Fachtherapie präventiv wirken und den ansonsten schweren Schaden an der Lunge frühzeitig verhindern.Die neuartige Entwicklung von Modulatortherapien ermöglicht eine ursächliche Therapie des Basisdefekts und hat damit das Potenzial, Gewebeschäden an der Lunge zu verhindern.Durch die neue Modulatortherapie lässt sich die Lun- genfunktion der Patienten mit Mukoviszidose signifi- kant und rasch verbessern. Nebenwirkungen treten nur selten auf, sollten aber immer frühzeitig gewürdigt werden.